Die Einheit hat uns Jesus Christus bereits gegeben
01. November 2013
Bei der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rat der Kirchen nehmen viele junge Theologen teil. Eine davon ist Mélisande Schifter. Ihre Mutter stammt aus Thailand, ihr Vater aus Deutschland. Im Interview spricht die 25-Jährige über eine wachsende Interkulturalität in der Welt – und was das für die Ökumene bedeutet.
Ihre Mutter kommt aus Thailand, ihr Vater aus Deutschland, wo Sie auch aufgewachsen sind. Fühlen Sie sich eher als Deutsche?
Weder noch. Viele Menschen versuchen, einen in eine Schublade zu stecken. Sie sagen, dass ich mich eher asiatisch verhalten würde und deshalb Thai sei. Oder sie finden mich deutsch. Aber das stimmt nicht. Ich trage beide Kulturen in mir. Ich komme mir nicht vor wie ein Widerspruch. Ich schaue immer zuerst auf die Einheit statt auf die verschiedenen Dinge, die sich in mir finden.
Glauben Sie, dass es vielen jungen Menschen ihrer Generation so geht?
Ja. Häufig kommen junge Menschen zu mir, die das so wie ich empfinden. Es gibt immer mehr junge Menschen mit interkulturellem Hintergrund. Aber auch viele, die andere interkulturelle Erfahrungen machen. Menschen, die zwischen Kulturen geheiratet haben beispielsweise.
Was bedeutet das für den Glauben dieser jungen Generation?
Ich denke, dass wir eine andere Offenheit gegenüber dem Fremden und dem Andersartigen haben. Wir sind nicht mehr so streng in den Tradition wie unsere Vorväter. Ich sehe mich selten als Lutheranerin, sondern häufig einfach als Christin. Die Rahmenbedingung -„Was bin ich eigentlich ganz genau?" -, die weiten sich bei uns. Man weiß, wo man herkommt, aber es ist nicht mehr so abgegrenzt.
Der ÖRK kann von jungen Menschen profitieren
Was bedeutet das für die Kirchen und die Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen?
Es ist eine große Chance. Diese Einheit kann das ökumenische Verständnis verändern. Wir kommen oft von der Verschiedenheit und versuchen Einheit darin zu finden. Aber die Einheit, die haben wir in Jesus Christus bereits bekommen. Wir müssen sie nur noch entdecken. Wenn wir von Verschiedenheit sprechen, ist es häufig eher eine Trennung. Dabei sind wir eigentlich schon eins.
Braucht es erst einen Wechsel der Generationen, bevor es auch in der ökumenischen Arbeit Veränderungen gibt?
Das braucht es nicht. Es wäre wichtiger, wenn die Jugend eine Chance erhalten würde stärker mitzuwirken. Im ÖRK wird die junge Generation bisher nicht ausreichend miteinbezogen. Das ist aber ein Fehler. Man darf die Jugend nicht belächeln, sondern muss sie ernst nehmen. Wir jungen Menschen können und müssen von den älteren lernen – aber gleichzeitig bringen wir auch viele Ideen mit, von denen der Rat profitieren kann. Fruchtbar wird es nur, wenn wir von einander lernen.