"Wir haben unterschiedlichen Krisen aber das gleiche Ziel"
05. November 2013
Sie haben es in der Hand: Mit diesen Worten hat sich Michel Sidibé, Direktor von UNAIDS, an die Teilnehmer der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen gewandt. Frieden und Gerechtigkeit könne nur mit Hilfe der Kirchen erreicht werden.
Die Zahl der Neuinfektionen sinkt, die Zahl der Menschen, die Zugang zu Medikamenten haben, steigt: Michel Sidibé hat bereits viel erreicht mit seiner Arbeit bei UNAIDS, einem Projekt der Vereinten Nationen, das weltweit Initiativen gegen Aids koordiniert. Seine Vision: Keine Neuinfektionen, keine Diskriminierung und keine Todesfälle mehr durch AIDS. „Es ist die richtige Zeit große Veränderungen in die Welt zu bringen“, sagt er im Eröffnungsplenum der Vollversammlung. „Wir stehen zwar in den einzelnen Ländern vor unterschiedlichen Krisen und Herausforderungen, aber unser Ziel von Gerechtigkeit und Frieden ist das gleiche.“
In den vergangenen drei Jahrzehnten habe die Welt eines von AIDS gelernt, sagte Sidibé: „Dass wir Probleme nur zusammen an einem Tisch lösen können.“ Niemand habe vor zehn Jahren geglaubt, dass man auch arme Menschen mit AIDS behandeln kann. Zu teuer, hätten sie gesagt. Damals kostete die AIDS-Behandlung 15.000 Dollar pro Jahr pro Patient. Durch die Senkung des Preises auf gerade einmal acht Dollar ist es doch gelungen. Mittlerweile werden 10 Millionen Menschen weltweit behandelt. „Wir brauchen Innovation und Kommunikation, um die Lücke zu schließen zwischen Menschen, die viel besitzen, und Menschen, die wenig besitzen.“
Ein zentrales Ziel seiner Arbeit: Dass sich Neugeborene bei der Geburt nicht bei ihrer Mutter anstecken. „Sie haben uns gesagt, dass das ein Traum sei“, sagt Sidibé. „Heute sage ich ihnen, dass wir Ende 2015 mit Gottes Hilfe in der Lage sein werden, dass kein Baby mehr mit AIDS geboren wird.“
In 65 Ländern sinkt die Zahl der Neuinfektionen. „Wir haben es geschafft die Mauer des Schweigens zu durchbrechen“, sagt Sidibé. Besonders wichtig seien dabei vor allem die jungen Menschen. „Die Jugend wehrt sich dagegen nur noch eine passive Rolle zu spielen“, sagt Sidibé. „Sie will über ihre Sexualität bestimmen und sich einmischen.“ Daran hätten viele nicht geglaubt. „Junge Menschen sind heute Akteure des Wandels.“
Menschen mit AIDS sollen sich nicht verstecken müssen
Trotzdem sterben immer noch 1,7 Millionen Menschen im Jahr an AIDS. Weitere 18 Millionen fehlt der Zugang zu Medikamenten. Dort sieht Sidibé vor allem die Kirchen in der Pflicht: „Helfen Sie, dass niemand zurückgelassen wird“, sagt er und richtete seine Worte an die Kirchenvertreter direkt. "Ihnen liegt soziale Gerechtigkeit am Herzen - sorgen Sie dafür, dass niemand unter der Ungleichheit in der Welt leiden muss."
Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihres sozialen Status, weil sie Drogen nehmen oder sich prostituieren, infiziert sind, bräuchten die gleiche Hilfe wie alle anderen. Dies sei häufig aber immer noch nicht möglich. „Solche Menschen sollen sich nicht verstecken müssen“, sagt Sidibé. Häufig seien Kirchen die einzigen Orte, an die sich die Menschen wenden könnten. Deshalb sei deren Arbeit besonders wichtig: „Geben Sie diesen Menschen ihren Lebenssinn wieder.“
Am Ende seiner Rede berichtete er von einer jungen Frau aus Burundi, deren Eltern an AIDS gestorben sind. Als Klassenbeste erhielt sie ein Stipendium an einer Universität in Australien, konnte dann aber nicht fahren, weil ihr Visum abgelehnt worden war. „Sie war am Boden zerstört“, sagt Sidibé. „Stoppen Sie so etwas – nur so werden Gerechtigkeit und Frieden für alle Wirklichkeit.
Hochauflösende Photos sind erhältlich über photos.oikoumene.org